Urteil: Handy am Steuer ist grundsätzlich verboten
Trotz Bußgelder greifen Autofahrer immer wieder während der Fahrt zum Smartphone. Dabei ist der Sachverhalt eindeutig: Selbst wenn ein Handy in der Hand eines Autofahrers nicht zum Telefonieren genutzt wird, kann das für den Fahrer teuer werden.
Mal eben eine SMS, eine Nachricht bei WhatsApp lesen, einen Blick auf die Uhr werfen, einen Anruf abweisen oder die Navi-Funktion nutzen – dies alles ist nicht erlaubt. Im Jahr 2015, so die jüngsten beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) verfügbaren Zahlen, wurden gut 363.000 Handyverstöße an das Flensburger Fahreignungsregister gemeldet. Doch die Dunkelziffer ist mit Sicherheit sehr hoch.
Wer bei 50 km/h drei Sekunden auf das Handy statt auf die Straße schaut, ist in dieser Zeit fast 42 Meter im Blindflug unterwegs. Bei fünf Sekunden sind es fast 70 Meter, zeigt eine Untersuchung der DEKRA. Wer während der Fahrt oder bei Stopp mit laufendem Motor ohne Benutzung einer Freisprechanlage erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.
Der § 23 StVO verbietet seit dem 19.10.2017 übrigens nicht nur die Nutzung des Handys am Steuer, sondern die aller elektronischen Geräte, die zur Unterhaltung oder zur Positionsbestimmung dienen. Keines dieser Geräte darf während der Fahrt bedient werden, wenn es dazu gehalten wird. Auch Navigationsgeräte, Tablets oder MP3-Player dürfen also nur dann bedient werden, wenn diese in einer Halterung befestigt sind.
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Es kann sogar noch schlimmer kommen. Denn nach § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG) kann für Ordnungswidrigkeiten, wenn eine grobe oder beharrliche Pflichtverletzung vorliegt, ein Fahrverbot von bis zu 3 Monaten verhängt werden. Der absolute Härtefall ist gegeben, wenn eine Person gefährdet wird. In diesem Fall droht ein Bußgeld in Höhe von 150 Euro, dazu kommen zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot. Das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung ist hingegen erlaubt. Dies unterstrich das Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in zwei bekannt gegebenen Urteilen.
Erster Fall: Prüfung, ob das Handy an ist
Ein 40-jähriger Mann aus Hamm hatte bei einer Fahrt im März 2016 sein Mobiltelefon in die Hand genommen und den Home-Button gedrückt, um zu überprüfen, ob sein Telefon ausgeschaltet war. Diese Tätigkeit wurde von einem Polizeibeamten aufgefallen. In der Hauptverhandlung gestand der Betroffene ein, er habe lediglich kontrollieren wollen, ob sein Gerät ein- oder ausgeschaltet gewesen sei. Es war tatsächlich ausgeschaltet gewesen (Beschl. v. 29.12.2016, Az. 1 RBs 170/16).
Nach § 23 Abs. 1a StVO ist jede Benutzung des Mobiltelefons untersagt, für die dieses oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Hierzu zählt nach Ansicht des zuständigen Senats für Bußgeldsachen auch die Prüfung des "Ausgeschaltetseins". Das Gerät werde durch eine Betätigung des Buttons auch im ausgeschalteten Zustand bestimmungsgemäß genutzt. In diesem Zustand liefere ein weiterhin verdunkelter Bildschirm die zuverlässige Information, dass das Gerät tatsächlich ausgeschaltet sei.
Dabei handele es sich letztendlich um eine Art "Negativfunktion" des ausgeschalteten Geräts, deren Abruf ebenfalls als Benutzung des Mobiltelefons anzusehen sei, so die Richter
Zweiter Fall: Handynutzung auch ohne SIM-Karte verboten
In einem ähnlichen Fall (v. 08.06.2017, Az. 4 RBs 214/17) sprach das Hammer Gericht ein Urteil, das zu einer Ausweitung der bisherigen Regelung. Ein Mann am Steuer seines Fahrzeugs sein Handy benutzt, um damit Musik abzuspielen. Zum Zeitpunkt der Nutzung enthielt das Gerät keine SIM-Karte und konnte daher nicht zum Telefonieren genutzt werden. Das Smartphone wurde als Abspielgerät zum Musikhören genutzt.
Gleichwohl betonte der Senat noch einmal, dass ein Handy auch ohne SIM-Karte der Verbotsnorm des § 23 Abs. 1a StVO unterfallen könne, weil die Vorschrift nicht nur die Benutzung des in den Händen gehaltenen Gerätes zum Telefonieren verbiete, sondern "jegliche Nutzung einer Funktion des Mobiltelefons".
Auch Benutzung des autoeigenen Touchscreens kann verboten sein
Jüngst hat das Oberlandesgericht Karlsruhe ein entsprechendes Urteil gefällt (v. 27.03.2020 AZ.: 1 Rb 36 Ss 832/19). Der Fahrer eines Tesla 3 hatte in dem verhandelten Fall versucht, während eines Regenschauers den Scheibenwischer neu zu programmieren. Anders als gemeinhin üblich funktioniert das bei Tesla nicht etwa über ein Stellrad am Lenkrad, sondern über ein Untermenü des Bordcomputers. Durch die Menüeingaben war der Fahrer derart vom Straßenverkehr abgelenkt worden, dass er von der Fahrbahn abkam, Straßenzeichen beschädigte und anschließend gegen einen Baum fuhr.
Fazit:
Ganz egal, was in dem Gesetzestext steht, beim Autofahren sollte man sich grundsätzlich auf das Fahren konzentrieren und nicht zusätzlich irgendwelche Gegenstände in der Hand halten oder unentwegt den Autobildschirm bedienen. Der Fokus sollte voll und ganz auf der Straße und dem Verkehr sein. Denn eine kleine Unaufmerksamkeit kann verheerende Folgen haben und großen Schaden verursachen. Daher: Finger weg vom Handy, telefonieren nur über eine Freisprecheinrichtung und Augen auf den Straßenverkehr!
AUTOFAHRERSEITE.EU wünscht allen eine sichere und angenehme Fahrt!
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Unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Sebastian Trost / Ralf Galow
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Quelle: AUTOFAHRERSEITE.EU
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