Wenn das E-Auto zum "Verbrenner" wird
Noch machen E-Autos keine zwei Prozent der zugelassenen Fahrzeuge in Deutschland aus, doch gehört Ihnen aller Voraussicht nach ein bedeutender Teil der Zukunft auf deutschen und internationalen Straßen. Wenn ein Stromer allerdings unfallbedingt Feuer fängt, kann es schnell lebensbedrohlich werden.
Aktuellen Umfragen zufolge werden Elektroautos immer beliebter. Sie sind schließlich eine umweltfreundliche Alternative zu Verbrennern, die mit fossilen Brennstoffen fahren. Das gilt zumindest für den fortlaufenden Betrieb, denn unterwegs stößt ein Elektroauto, im Gegensatz zu Diesel und Benziner, faktisch kein CO₂ aus, sofern der geladene Strom regenerativ erzeugt wurde. In der Kritik stehen vor allem die Herstellung und die Entsorgung der Fahrzeuge. Für die Herstellung eines einzelnen E-Autos werden viele seltene Erden benötigt, die unter teils mehr als fragwürdigen Bedingungen abgebaut werden und während des gesamten Produktionsprozesses wird in Summe so viel CO₂ ausgestoßen, dass das Fahrzeug erst nach einer Laufleistung von circa 100.000 km eine positive CO₂-Bilanz vorweisen kann. Auch die Entsorgung ist ein eher kritisch zu sehender Aspekt. Zwar kann eine für den Betrieb im Fahrzeug ausrangierte Batterie noch im stationären Gebrauch jahrelang eingesetzt werden und große Teile der Autobatterien können recycled werden, doch die Frage nach einer endgültigen Entsorgung ist noch bei Weitem nicht vollends geklärt.
Nun trübt ein weiterer unschöner Fakt den Traum vom unbeschwerten Fahren mit dem umweltfreundlichen Stromer. Kommt es zum Unfall und anschließend zum Autobrand, gestaltet sich die Löschung und Bergung riskant und äußerst umständlich, kostenintensiv und umweltschädlich.
Wie genau kann es im Elektroauto zum Brand kommen?
Vorweg die Entwarnung. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Autos mit Elektromotor häufiger Feuer fangen, als Diesel oder Benziner. Geht ein Stromer aber mal in Flammen auf, dann stehen Einsatzkräfte vor anderen Herausforderungen, als bei den vielfach einstudierten Löscheinsätzen von Benzin- und Dieselbränden. Anders als in einem Verbrenner, werkelt in einem Elektroauto nicht nur eine einzige Autobatterie. Vielmehr befindet sich im Chassis eines Stromers eine Vielzahl von dicht aneinandergereihten Lithium-Ionen-Akkuzellen. Bei einem Unfall etwa kann es nun zu einem Kurzschluss einer oder mehrer Batteriezellen kommen, die sich dann erhitzen und in Flammen aufgehen können. Nun kann eine Kettenreaktion die Folge sein. Fängt eine Zelle Feuer, erhitzt sie sich und ihr Umfeld so sehr, dass früher oder später auch die benachbarten Zellen Feuer fangen. Was von außen betrachtet beinahe wie eine wilde Abfolge von explodierenden Feuerwerkskörpern ausschaut, birgt für Insassen und Löschkräfte eine enorme Gefahr. Werden Benzin- und Dieselbrände häufig mit Schaum gelöscht, ist dies bei Elektrofahrzeugen nicht möglich. Der Löschschaum ist elektrisch leitend und verschlimmert so nur die gesamte Situation, da ganze Bereiche unter Strom gesetzt werden können. Gerade für etwaige Fahrzeuginsassen birgt das ein enormes Gefahrenpotenzial. Hier spielt es übrigens keine Rolle, ob es sich um einen reinen Stromer oder einen Plug-In Hybriden handelt.
Löschkräfte berichten davon, dass bereits erfolgreich bekämpfte Flammenherde wie aus dem nichts wieder anfangen aufzulodern. Das liegt daran, dass der Batteriebrand in einem Stromer bis zu fünf Tage weiter schwelen kann. Daher müssen die Fahrzeuge unbedingt kontinuierlich gekühlt, beziehungsweise viel mehr gelöscht werden. Nicht selten wird daher entschieden, das Fahrzeug kontrolliert Abbrennen zu lassen. Sowohl die Feuerwehr im bayrischen Fürstenstein, als auch die Brandbekämpfer im österreichischem Kufstein griffen bei vergangenen Löscheinsätzen zu vermeintlich unkonventionellen Mitteln. Die brennenden E-Autos wurden per Kranfahrzeug in Container verladen, die dann mit Wasser geflutet wurden. Eine dauerhafte Kühlung wird so zwar gewährleistet, das verwendete Wasser ist allerdings im Anschluss hochgradig kontaminiert. Unternehmen, die solch belastetes Wasser aufbereiten, sind rar; die Aufbereitung gestaltet daher entsprechend aufwendig und teuer.
Martin Lenz, Manager E-Mobility Business Development beim Automobilzulieferer Delphi, äußerte sich vor einigen Jahren zum Sicherheitsaspekt in Elektroautos. Verunfallt das Fahrzeug, "schaltet das Fahrzeugsystem außerdem den Hochvoltkreis frei und die Batterie ab. Alle Leitungen und Verbraucher sind also automatisch spannungsfrei, sodass weder Ersthelfer noch Rettungskräfte einen Stromschlag fürchten müssen." Dem gegenüber stehen aber berechtigte Zweifel. "Man muss ganz klar sagen, dass die Befreiung von eingeklemmten Menschen aus einem E-Auto sehr gefährlich sein kann, aufgrund des Stromes. Die Bordspannung kann bis zu 1.000 Volt betragen.", so ein Ausbildungsleiter der Feuerwehr- und Rettungsakademie Bocholt. Wie uns die Akademie im Gespräch mitteilte, muss man äußerste Vorsicht walten lassen, wenn man Insassen aus einem verunglückten Pkw bergen will, da von außen nicht ersichtlich ist, wo entlang Hochvoltkabel von der Batterie zum Motor verlaufen.
Die schweizerische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa - Swiss Federal Laboratories for Materials Science and Technology) hat kürzlich in einem Feldversuch visuell eindrucksvoll dokumentiert, wie hochgradig gefährlich ein Batteriebrand ausfallen kann. Durch die enorme Rußbildung, sind gerade schlecht belüftete Areale wie Tunnel und Parkgaragen dabei Gefahrenschwerpunkte.
Was ist bei einem E-Auto-Brand zu tun?
Für den zugegebenermaßen unwahrscheinlichen Fall, dass Sie in einen Elektrofahrzeugbrand verwickelt sind, gilt es ein paar grundlegende Regeln zu befolgen. Als erstes Gebot gilt: Ihre eigene Sicherheit hat oberste Priorität. Haben die Airbags des Fahrzeugs ausgelöst, ist in aller Regel das Hochvoltsystem automatisch abgeschaltet worden. Die Zündung sollte sofern möglich dennoch ausgestellt, beziehungsweise der Start-/Stopp-Schalter ausgeschaltet werden. Entfernen Sie sich von der Gefahrenquelle und auch wenn das Fahrzeug wahrscheinlich bereits automatisiert einen eCall abgesetzt hat, alarmieren Sie den Notruf. Folgen Sie den Anweisungen der Diensthabenden. Gibt es Personen, die ärztliche Hilfe benötigen, muss dies ebenfalls im sicheren Abstand zum Pkw geschehen. Holen Sie keine Wertgegenstände oder Ähnliches aus dem brennenden Fahrzeug. Ein Batteriebrand ist wie bereits beschrieben unberechenbar und es kann jederzeit zu explosionsartigen Erschütterungen im Fahrzeug kommen, die den Brand in nicht abschätzbarem Maße verstärken. Unternehmen Sie keine eigenen Löschversuche, sondern überlassen Sie sämtliche Brandbekämpfungsmaßnahmen den Einsatzkräften.
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Fotos dieses Artikels:
Quelle: sentavio; Kreispolizeibehörde Mettmann; AUTOFAHRERSEITE.EU
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